Unsere (unendliche) geschichte

02. März 2023

Vor genau zehn Jahren liess uns ein Gedanke nicht mehr los: Ein Naturpark mit surfbaren Wellen in der Schweiz. Die Idee und das Team wuchs und wuchs. Heute ist ein Alltag ohne waveup für uns kaum mehr denkbar. Wir erinnern uns an unzählige Aufs und Abs, abertausende Arbeitsstunden und eine grosse Portion Zukunftsglauben.


Es begann mit Facebook
Weil wir nicht sicher waren, ob die Idee eines Wellenparks auch andere begeistern würde, gründeten wir eines Abends im Jahr 2012 auf der Zuckerbergischen Plattform die Seite «Wavegarden Schweiz». Unsere Idee ging durch die Decke, denn innert weniger Stunden schlossen sich unserer Page hunderte Fans an. Auch «Wavegarden» selbst, der baskische Wellenpool-Hersteller, meldete sich schneller als uns lieb war. Umgehend sollte die Seite gelöscht werden, wir seien schliesslich keine Partner und hätten nicht das Recht, uns so zu nennen. Ups, sorry. Aber Wavegardens Aufmerksamkeit hatten wir nun alleweil. Unser Posteingang war überflutet. Viele fragten uns nach dem konkreten Vorhaben, einige wollten sogar schon wissen, wo dieser Park stünde. Es war doch lediglich eine vage Projektidee. Doch dieser Powerstart war der Anfang, den wir benötigten. Somit folgte die Gründung des Vereins «waveup» und des Magazins «WaveupMag» im Jahr 2014. Mit diesen Organen konnten wir politisch beweisen, dass das Interesse am Surfsport tatsächlich auch in einem Binnenland wie der Schweiz existiert. Wir fanden grosse nationale Unterstützung, immer mehr schlossen sich unserer Bewegung an, wurden Vereinsmitglied oder Abonnent:in.

Alles auf eine Karte setzen
Die ersten zwei aus der Projektgruppe entschlossen sich, alle beruflichen Aktivitäten einzustellen und sich hundertprozentig auf waveup zu konzentrieren. Ohne Lohn. Mit der Konsequenz, als über 25-Jährige vorerst wieder nach Hause ins Elternhaus aufs Sofa zu ziehen. Das Ersparte reichte vorerst, um das Privatleben einigermassen zu finanzieren, aber ein Grossvorhaben wie dieses braucht liquide Mittel. Wer ernst genommen werden will, muss Fachpläne, Bewilligungen und Studien auf den Tisch bringen. Also setzte das Team waveup ein Crowdfunding auf. Volltreffer. Die benötigten 100 000 Franken wurden sogar übertroffen und somit das bis dato erfolgreichste Projekt auf der Plattform «I believe in you» gelauncht. Zu diesem Zeitpunkt war auch bereits klar, wo dieses Sport- und Naturparadies erschaffen werden sollte. Nach der Evaluation von 26 Standorten und zwei Jahren Arbeitszeit liess sich die Gemeinde Regensdorf von unserem Spirit anstecken und sah darin eine einmalige Chance: Weg vom reinen Industrie- und Gefängnis-Groove, hin zu mehr Grün, Erholung und Freizeitangeboten. Und das quasi zum Nulltarif. Das Grossprojekt waveup sollte schon immer privat finanziert werden – nicht über Steuergelder. Mit einer Absichtserklärung von Regensdorf in der Tasche war also ein weiterer Meilenstein geschafft. Apropos privat finanziert: Wir sprechen von fast 50 Millionen, die wir mal eben bei Sponsor:innen und Aktionär:innen locker machen müssen. So wurde 2017 die «waveup creations AG» gegründet. Nur über eine Aktiengesellschaft kann dieses ambitionierte Vorhaben professionell weitergetrieben werden. Ab jetzt galt es richtig, richtig ernst: Erste Shareholder, ein Eintrag im Handelsregisteramt, Strukturen, Verantwortung. Phu. Alle, die bereits eine Firma gegründet haben, wissen, wie emotional dieser Teil einer Geschichte sein kann. Details seien euch erspart.


Undenkbares wird möglich
Politik, Vereinsmitglieder, die Follower:innen auf sozialen Medien, Zeitungen sowie die Unterstützer:innen aus dem Crowdfunding waren uns durchgehend mehr als nur gutgesinnt. Der Support und die Zustimmung waren überwältigend – doch stets war klar: Der Park wird in und für Regensdorf geplant und gebaut. Eine grosse Hürde lag vor uns, denn das vorgesehene Stück Land befindet sich in der Landwirtschaftszone. Es brauchte eine «Umzonung» in Sport- und Erholungszone durch das Stimmvolk von Regensdorf. Wir erinnern uns noch sehr gut. Alle alten Hasen aus der Politik warnten vor diesem Vorhaben. Eine Umzonung sei praktisch unmöglich. Vor allem mit der Kulturlandinitiative – «vergesst den Fisch». War es jugendliche Naivität, Freude an Challenges oder nur der Glaube an unser Leuchtturmprojekt? Auf jeden Fall brachten wir alles in Bewegung, was politisch gesehen im grünen Bereich war. Komme, was wolle, wir mussten das Regensdorfer Stimmvolk dazu bringen, am 25. März 2019 zur Gemeindeversammlung physisch zu erscheinen und die Umzonung zu befürworten. Der Gemeinderat reservierte für diesen Anlass nicht wie gewohnt das Gemeindezentrum, sondern lud ins bedeutend grössere Hotel Mövenpick ein. Unsere Nervosität stieg ins Unermessliche, als wir Scharen von Stimmbürger:innen am besagten Montagabend erblickten. Ein weiterer Rekord war erreicht. Eine Gemeindeversammlung in der Schweiz zählt durchschnittlich 180 Teilnehmer:innen. In Regensdorf waren es Ende März 2019 zirka 1100. Als Nicht-Stimmbürger:innen von Regensdorf beobachteten unser waveup-­Team und unzählige Freunde und Verwandte das Geschehen. Niemand von uns wird je vergessen, wie es sich angefühlt hat, als der damalige Gemeindepräsident Max Walter eröffnete, dass zwei Drittel der Stimmen (646, um genau zu sein) die Umzonung gutheissen. Regensdorf äusserte sich an diesem Märzabend klar für die Realisation eines Sport- und Erholungsprojekts wie das von waveup auf dem Areal Wisacher. Das Unmögliche war geschafft, nichts kann uns mehr aufhalten. Doch es kommt immer anders, als man denkt.

Portraitbild des Teams waveup

V.l.n.r. stehend: Isabel Derungs (Head of Education), Matthias Berke (Head of Architecture), Peter Kaminski (Head of Construc­tion), Daniel Rüdisüli (Head of Finance).

V.l.n.r. sitzend: Marco Bruni (Head of Sports), Pascal Brotzer (Head of Marketing und VR­-Mitglied), Cyrill Gebert (Head Legal und VR-Präsident), Sebastian Bosson (Head of Sustainability und VR-­Mitglied) und Ashley Stutz (Head of PR & Communications)


9 gegen 646 
Heute, also drei Jahre später, befinden wir uns quasi wieder auf Feld eins. Warum? Die Antwort lautet Rekursrecht. Wir spulen einmal mehr zurück. Nachdem die Umzonung durch die Gemeinde Regensdorf gutgeheissen wurde und wir davon ausgingen, dass jetzt die finale Finanzierung und der Gestaltungsplan ansteht, traf eine böse Überraschung ein. Der Bund beschloss ein Moratorium für sämtliche Projekte, die mit einer Umzonung im Zusammenhang standen. Der Grund: Alle Kantone der Schweiz hatten jahrelang Zeit, die Mehrwertabgabe bezüglich des betreffenden Landstücks bei Umzonungen zu definieren – dreimal könnt ihr raten, welcher Kanton dies versäumt hat. Genau, der Kanton Zürich. Die Folge daraus war, dass unser Projekt, bis die Mehrwertabgabe definiert war, vorerst auf Eis gelegt wurde. Nun nur nicht die Flinte ins Korn werfen, stimmt’s?

Wir nutzten die «neugewonnene Zeit», um uns selbst eine Gestaltungsplanpflicht aufzuerlegen. Damit erhofften wir uns mehr Planungsgenauigkeit und eine grös­sere Transparenz sowie Vertrauen in unser Vorhaben zu bringen. Doch damit wir uns richtig verstehen – ein Gestaltungsplan wird nicht mal soeben aus dem Ärmel geschüttelt. Es handelte sich um einen monatelangen, gigantischen Aufwand für sämtliche Planungsfirmen und das gesamte waveup-Team, der uns aber später in der Timeline zugutekommen könnte. Diese Idee trug Früchte. Nach einer mehrfachen Vorprüfung beim Kanton Zürich sollte der Gestaltungsplan an der Gemeindeversammlung 2021 zur Genehmigung vors Stimmvolk gebracht werden. Du ahnst es bereits – wiederum kam alles anders. Neun Rekurrent:innen (aufgeteilt auf zwei Rekurse) reichten auf den letzten Drücker ihre Einsprache ein. Um was es genau geht? Schwierig in wenigen und verständlichen Worten festzuhalten. Kurzum: Die Rekursschrift glich einem Sammelsurium von Argumenten, die klar gegen die Realisation eines Projekts wie dem unsrigen auf dem Areal Wisacher sprachen. Erneut hiess es, Team-Kräfte zu bündeln. In einer Mammutsitzung (16 Teilnehmende) wurden die Sachlage analysiert und der Schlachtplan definiert – ziemlich siegessicher startete ein Schriftwechsel, der sich über Monate hinweg zog. Am 29. Juli 2022 traf die Hiobsbotschaft ein. Der Rekurs wurde durch das Baurekursgericht gutgeheissen. Achtung, festhalten! Der Grund, weshalb den Rekurrent:innen Recht gegeben wurde: fehlendes öffentliches Interesse an einem Freizeit- und Surfpark. Unter Demokratie verstehen wir, dass die Mehrheit bestimmt, was zu machen ist. In unserem Fall heisst es jedoch, die Meinung des Zweidrittelmehrs der Gemeinde Regensdorf, des Gemeinderats, des Regierungsrats, des Vereins waveup, von Swiss Olympic, Swiss Surfing, Zürich Tourismus, des Hotellerie-Verbands Schweiz, diverser Geldgeber:innen, sämtlicher politischer Parteien sowie abertausender Sportler:innen und Familien zählt nichts, wenn neun Rekurrent:innen Beschwerde einreichen und Angst haben, weil sich das gewohnte Umfeld in Zukunft ändern wird.

Endet die unendliche Geschichte doch?
Wir stellen uns nach zehn Jahren Projektarbeit zum ersten Mal die Frage, ob jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, um aufzugeben. Die Gemeinde Regensdorf hat das Urteil des Baurekursgerichtes weitergezogen – wir warten nun auf die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die noch Ende 2022 eintreffen sollte. Unterstützt das Verwaltungsgericht den Entscheid des Baurekursgerichts, ist die Projektreise in Regensdorf beendet. Viele fragen uns nach alternativen Standorten. Selbstverständlich haben wir uns diese Gedanken gemacht. Vielleicht kann sich der/die ein oder andere nun etwas besser vorstellen, was es erneut an Aufwand bedeuten würde. Nicht nur zeitlich, auch finanziell. Ob wir den Kopf schon in den Sand gesteckt haben? Nein. Unsere Reaktion auf die momentane Lage war die Zusammenstellung eines hochkarätigen Advisory Boards. Bekannte und erfolgreiche Köpfe aus der Schweizer Wirtschaft bilden ein Gremium, das nach aussen eine positive Wirkung trägt. Wen müssen wir noch aufs Schachbrett stellen, um zu beweisen, dass es sich beim Projekt waveup nicht um einen Lausbubenstreich, sondern ein Zukunftsprojekt handelt? Es geht schon lange nicht mehr darum, ein paar Wellen mehr pro Jahr zu surfen. Wir möchten die Zukunft des Bauens, des Kindererziehens, des Arbeitens, der Freizeitgestaltung und des Umgangs untereinander neu schreiben und mitgestalten. Was ist mit dir, hast du sie verstanden, unsere Vision?